Krisen im AlterDemenz
Die Bezeichnung kommt aus dem Lateinischen. Übersetzen lässt sich "Demenz" mit "Fehlen von Verstand". Gemeint ist damit eine Erkrankung des Gehirns, die gehäuft im höheren Lebensalter auftritt.
Sie geht einher mit einem Nachlassen von Konzentration, Gedächtnis, Auffassungsvermögen und Orientierung, und einer Veränderung der Sprache mit Wortfindungsstörungen und vermindertem Wortschatz. Auch das Urteilsvermögen lässt bei einer Demenzerkrankung nach und die kognitiven Defizite gehen zudem mit Veränderungen im Gefühlsleben einher.
Übersetzen lässt sich Demenz mit dem "Fehlen von Verstand"
Bei einer fortgeschrittenen Demenz kann es schließlich zu "herausforderndem Verhalten" kommen mit abwehrenden oder aggressiven Handlungen. Auch optische Halluzinationen oder wahnhafte Überzeugungen sind möglich. Was die Gedächtnisstörungen betrifft, bleiben typischerweise ältere Gedächtnisinhalte länger erhalten als die, die im Kurzzeitgedächtnis gespeichert sind. Bei der Orientierung hält sich das räumliche Orientierungsvermögen meist etwas länger als die Orientierung in der Zeit. Nicht selten löst das eigene Wahrnehmen der Erkrankung am Beginn bei den Betroffenen eine depressive Reaktion aus, die in der Regel zeitlich befristet ist.
Individuell können dementielle Entwicklungen aber recht verschieden sein. Auch die Geschwindigkeit, mit der die Erkrankung fortschreitet, ist nicht bei allen Betroffenen gleich. Schon ab dem 55. Lebensjahr kann sie, wenn auch selten, beginnen. Die Zahl der Erkrankten steigt kontinuierlich mit höherem Alter. Hohes Alter führt aber nicht zwangsläufig zur Demenz.
Von einer Demenz zu unterscheiden sind reversible (rückbildungsfähige) Verwirrtheitszustände, die verschiedene Ursachen haben und zusammenfassend als "Delir" bezeichnet werden können. Etwas anderes sind auch Minderbegabungen. Im Unterschied zu einer Demenz sind diese bereits angeboren.
Als Erster eine Demenz als eigenes Krankheitsbild beschrieben zu haben, ist das Verdienst des Arztes Alois Alzheimer. 1906 stellte er auf einem Ärztekongress in Tübingen die Erkrankung am Fallbeispiel seiner Patientin Auguste D. vor. Alois Alzheimer war später ab 1912 Professor der Nervenheilkunde in Breslau und dort der direkte Nachfolger von Karl Bonhoeffer, dem Vater Dietrich Bonhoeffers, der damals auf einen Lehrstuhl nach Berlin wechselte.
Nehmen Demenzerkrankungen zu?
Die Zahl der Demenzerkrankten nimmt in Deutschland kontinuierlich zu. Dies ist die Folge einer steigenden Lebenserwartung und damit Folge der demographischen Entwicklung. Anders gesagt: Früher erlebten die meisten Menschen aufgrund einer geringeren Lebenserwartung den Beginn ihrer Demenzerkrankung nicht.
Kann man einer Demenz vorbeugen?
Eine sichere Vorbeugung gibt es nicht. Hinweise auf protektiven Einfluss gibt es bei Ernährungsgewohnheiten („mediterrane Ernährung“) und mehr noch bei körperlicher Bewegung in den Jahren vor dem Erkrankungsbeginn. Allgemein lässt sich sagen, dass eine für Herz und Kreislauf gesunde Lebensweise auch das Demenzrisiko senken kann. Ein hohes Bildungsniveau und das Trainieren des Gehirns durch Lesen und Lernen verzögert zumindest eine Demenz. Eine besondere Rolle kommt hier möglicherweise dem aktiven Musizieren zu.
Wie wird eine Demenz erkannt?
Die Diagnose einer Demenz lässt sich stellen durch eine Kombination von Verlaufsbeobachtung, psychologischen Testverfahren, bildgebender Diagnostik sowie Ausschluss von Verwirrtheitszuständen anderer Genese und - im Falle früh auftretender Symptome - durch eine Untersuchung des Nervenwassers (Liquor) nach Lumbalpunktion.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Eine Demenz ist nicht heilbar. Eine bestimme Klasse von Medikamenten, die Antidementiva, können den Verlauf der Alzheimer Demenz verlangsamen, besonders wenn sie frühzeitig gegeben werden. Bei einer vaskulären Demenz wirken sie nicht. Medikamentös behandeln lassen sich aber manche Begleitsymptome wie das herausfordernde Verhalten, Schlafstörungen mit Tag/ Nacht-Umkehr und begleitende affektive Störungen wie etwa eine gleichzeitige Depression sowie psychotische Symptome. Wichtig sind die Schaffung eines günstigen Milieus, persönlicher Beziehungsaufbau, Gewinnen von Vertrauen, regelmäßige Rhythmen im Tages- und Wochenverlauf, ausreichend Bewegung, Beschäftigungsangebote möglichst mit Bezug zu früheren Tätigkeiten, und dann die Behandlung gleichzeitiger somatischer (körperlicher) Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck und Schilddrüsenfunktionsstörungen. Dazu kommen eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr mit Behebung von Elektrolytstörungen, besonders Natriummangel, um einem möglicherweise gleichzeitigen Delir entgegenzuwirken, und der Ausgleich eines möglichen Mangels an Vitamin B12. Eine stationäre Krankenhausbehandlung kann deshalb vorübergehend sinnvoll sein.
Formen der Demenz
Die häufigste Demenzform wird nach ihrem Entdecker die Alzheimersche Demenz oder Morbus Alzheimer genannt. Ursache sind degenerative Veränderungen des Gehirns. Kennzeichnend ist eine Volumenminderung der Hirnsubstanz mit einer Zunahme der Furchen zwischen den Hirnwindungen und einer Vergrößerung der Ventrikel. Dies kann in einer Computertomographie (CT) sichtbar gemacht werden. Das Gehirn ist außerdem mit amyloidhaltigen Ablagerungen überzogen. Daneben gibt es die vaskuläre Demenz, die ihre Ursache in einer Minderversorgung der Nervenzellen aufgrund von Durchblutungsstörungen hat.
Oft liegt eine sogenannte Mikroangiopathie vor oder auch eine Multiinfarktdemenz, welche man sich wie eine Häufung kleinster Schlaganfälle vorstellen kann. Passend zu einer vaskulären Demenz ist ein wellenförmiger Krankheitsverlauf mit Höhen und Tiefen. Phasen von Verwirrtheit und "lichte Momente" wechseln sich ab. Alzheimerdemenz und vaskuläre Demenz können auch kombiniert auftreten, als sog. Mischdemenz. Davon unterscheiden lässt sich die Parkinsondemenz, welche gehäuft, wenn auch nicht zwingend, bei der Parkinsonschen Krankheit auftritt. Sie ist eng verwandt mit der Lewy-Body-Demenz (LBD). Eine weitere Demenzform ist die frontotemporale Demenz, bei welcher sich vor allem im Stirn- und Schläfenbereich typische Defekte der Hirnsubstanz mit den bildgebenden Verfahren nachweisen lassen.
Text:
Dr. med. Jörg Lamparter – Reutlingen