Alter heuteSexualität im Alter
Sexualität im Alter ist immer noch ein Tabu. In unseren Köpfen hat es sich eingenistet, dass Sexualität vom attraktiven und jugendlichen Aussehen abhängig ist. Die Erscheinungen des Alters werden eher abstoßend empfunden. Deshalb wird das Alter mit Sexualität nicht mehr in Verbindung gebracht.
Lange Beziehungen
Unsere Lebenserwartung steigt. Die Beziehungen bzw. Partnerschaften dauern länger an. Aufgrund der längeren Lebenserwartung dauern sie zwei oder dreimal länger als in den vergangenen Jahrhunderten. Sexualität im Alter erlahmt in der Regel mit den Jahren nicht. Auch ältere Menschen wünschen sie in ihren langen Beziehungen und in ihrem längeren Leben sexuelle Begegnungen.
Laut einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung vermindert sich mit der Dauer einer Beziehung die sexuelle Aktivität. Für ältere Menschen, die neue Beziehungen im Alter eingehen, gehört der Sex zu einer Partnerschaft. Entgegen landläufiger Vorstellungen gehen mit dem Alter bei Männern in der Regel keine Erektionsstörungen einher. Auch im hohen Alter sind Männer noch sexuell aktiv.
Bei Frauen ergibt sich ein ähnlicher Befund. Zwar behaupten zahlreiche Ärzte verallgemeinernd, dass Frauen jenseits der Menopause das Interesse an Sexualität verlieren würden. Doch auch das ist ein Irrtum. Tatsächlich zeigen Untersuchungen, dass Frauen bis ins 80. Lebensjahr hinein sexuell aktiv sind.
Intimität-Zärtlichkeit-Geborgenheit
Mit dem Alter verbinden wir in jungen Jahren automatisch die Vorstellung, dass die Haut erschlafft, und die Erregung nachlässt. Wir erwarten vom Alter in punkto Sexualität nicht mehr viel. Es geht darum, neue Wege in der Sexualität zu finden. Intime Begegnungen, die von Zärtlichkeit und Geborgenheit geprägt sind, eröffnen neue sexuelle Erfahrungen.
Es gibt viele Vorbehalte, das Thema Sexualität im Alter offen anzugehen. Es fehlen häufig geeignete Orte, die ein intimes Leben schützen. Unter den Augen des Pflegepersonals und der Mitbewohner ist schwierig genug, eine intime Beziehung zu praktizieren. Nicht zuletzt stehen die Angehörigen, vor allem die Kinder, oft verständnislos dem sexuellen Bedürfnis des Vaters oder der Mutter entgegen.
Eine offene und verständnisvolle Atmosphäre ermöglicht allen Beteiligten einen entspannten Umgang mit dem Thema "Sexualität im Alter".
Altersgrenzen gibt es so nicht
Um ein langes Leben im Altenpflegeheim erfüllend zu gestalten, macht es Sinn, die sexuellen Wünsche und Vorstellungen der Senioren mittels von Biografiebögen zu ermitteln. Im Alter verändert sich zwar die Sexualpraxis erheblich, doch gibt es keine Grenzen, die das Alter vorschreibt.
Wer um seine eigene Bedürfnisse weiß und sie benennen kann, wird mit großer Gelassenheit sich dem Thema "Sexualität im Alter" stellen.
Text:
Pfarrer Johannes Bröckel, Stuttgart