Seelsorge und PflegeGesundheitliche Vorsorgeplanung

Advance Care Planning – ACP
Ca. 30 Prozent aller pflegebedürftigen Menschen in Deutschland leben in Pflegeheimen. In den meisten Fällen sind sie aufgrund ihres hohen Alters gesundheitlich belastet. Viele Bewohner und Bewohnerinnen von Altenpflegeheimen besitzen keine Patientenverfügung. Zusätzlich sind vorhandene Patientenverfügungen nicht anwendbar, weil die darin beschriebenen Fallkonstellationen mit einschlägigen medizinischen Entscheidungssituationen nicht übereinstimmen. 

Für die Mehrzahl der  Bewohner und Bewohnerinnen von Altenpflegeeinrichtungen bzw. von Einrichtungen der Eingliederungshilfe liegen keine aussagekräftige Patientenwünsche zur Behandlung am Ende ihres Lebens vor. Das Hospiz- und Palliativgesetz (§ 132g SGB V) hat zum Ziel, die Behandlung am Ende des  Lebens auf den Willen der Patienten und Patientinnen auszurichten. In einem Gesprächsprozess zwischen Patienten und Patientinnen, nahestehenden Personen/ Angehörigen, Haus- oder Fachärzten und geschulten Gesprächsbegleiter und -begleiterinnen wird eine vorsorgliche Planung für die pflegerische und medizinische Begleitung am Ende des Lebens erarbeitet  und in Form einer Patientenverfügung festgehalten. Die vorsorgenden beratenden Gespräche sind ein freiwilliges Angebot.

Beratendes Gesprächsangebot

Die Bewohner und Bewohnerinnen von Altenpflegeeinrichtungen werden aufgesucht. Es wird ihnen ein Gesprächsangebot unterbreitet, um eine vorausschauende Planung für die Behandlung am Endes ihres Lebens vorzubereiten. Im Gespräch über die mögliche Notfallbehandlung werden die persönlichen Grenzen abgewogen. Dabei bilden der Lebenswille und die persönliche Einstellung zum Sterben die Grundlage, für die Festlegungen des Patientenwillen.
Die Vorsorgeplanung entscheidet zwischen Behandlungen mit dem Ziel: (1) der Lebensverlängerung solange medizinisch sinnvoll und vertretbar, (2) der Lebensverlängerung bis zu einer individuellen Grenze verbunden mit Einschränkungen der Mittel oder (3) ausschließlich eine Behandlung zur Linderung. 

Mit den Leitfragen zu den eigenen Werten werden die Gesprächspartner- und Partnerinnen in die Lage versetzt, ihre eigene Situation zu verstehen und einschätzen zu können: Ist ihnen ihr Leben so wichtig, dass sie für eine Verlängerung auch Belastungen in Kauf zu nehmen? Wie ausgeprägt dürfen sie sein? Wann überwiegen die Belastungen den Wunsch zu leben?

Wenn im Krankenhaus oder im Pflegeheim bei Behandlungen von unklarer Dauer und dabei die Patienten nicht mehr einwillungsunfähig sind (z.B. kognitive Einschränkungen) , wird über die individuellen Behandlungsgrenzen mit den Leitfragen nachgedacht: Gibt es Entwicklungen im Krankheitsverlauf, bei denen Sie ausschließlich lindernd behandelt werden möchten? Ab welchem Risiko für diesen Fall wünschen Sie eine Umstellung von lebensverlängernden Maßnahmen auf eine rein lindernde Behandlung? 

Diese beratenden  Gespräche zur gesundheitlichen Vorsorgeplanung helfen, rechtzeitig einen Bevollmächtigen oder Betreuer/Betreuerin auszuwählen und die Behandlungsmethoden zu benennen, die sinnvoll sind und am Ende gewollt werden. Dabei werden die Angehörigen und die behandelnden Personen gehört. Auf diese Weise werden die Wünsche am Lebensende von betroffenen Bewohnern und Bewohnerinnen wahrgenommen. Durch die Gespräche mit  allen, die die Patienten und Patientinnen begleiten, werden die Vorstellungen und Wünsche für die Gestaltung der Pflege, der medizinischen Behandlung und der  Begleitung  festgehalten und weitervermittelt. In künftigen Notfallsituationen und Krisen, liegen die Wünsche vor, um im Sinne der Patienten und Patientinnen zu entscheiden. Unter anderem können nicht gewollte Einweisungen ins Krankenhaus im hohen Alter verhindert werden.

Seelsorgerliche Gesprächsbegleitung

Die Gespräche zur gesundheitlichen Vorsorgeplanung werden von den Trägern der Altenplegeeinrichtungen 4-6 Wochen angeboten, nachdem ein Bewohner und Bewohnerin in die Einrichtung eingezogen ist. Die Gespräche sind freiwillig. Nach 2-5 Jahren werden die jeweiligen Festlegungen von neuem besprochen, überarbeitet und dokumentiert.

Die diakonischen Träger von Altenpflegeheimen bieten in den nächsten Jahren dieses freiwillige Angebot zur gesundheitlichen Vorsorgeplanung an. Gesprächsbegleiter- und Begleiterinnen werden ausgebildet. Da diese Gespräche das eigene Sterben in den Blick nehmen, müssen die Gesprächsbegleiter- und Begleiterinnen  über die gesetzlichen Vorgaben hinaus zusätzliche seelsorgerliche Fähigkeiten einbringen.

Text:
Pfarrer Johannes Bröckel - AltenPflegeHeimSeelsorge Stuttgart 

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